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Energie- und Umweltagentur des Landes Niederösterreich
Energieberatung Niederösterreich

Bauteilaktivierung – intelligentes Heizen, Kühlen und Speichern

Thermische Bauteilaktivierung steht für behagliches Heizen und Kühlen. Dabei kann sowohl Wärme als auch Kälte gespeichert werden, weshalb sich die Methode auch optimal für den Einsatz von Wärmepumpen eignet. Bauteilaktivierung ist zu Recht eine „Heizung der Zukunft“!

Schnitt durch eine Fussbodenheizung zeigt die Heizrohre unter einem Fliesenboden.
Eine Fußboden- oder Deckenheizung arbeitet mit sehr niedrigen Vorlauftemperaturen – eine gute Voraussetzung für den optimalen Betrieb von Wärmepumpen und Solaranlagen.

Anforderungen an zukünftige Wärmesysteme

Die Behaglichkeit der Wohnräume sollte bei der Planung eines Heizsystems im Mittelpunkt stehen – zu jeder Jahreszeit. Dazu gehört eine ausreichende Beheizung im Winter, was durch die gute Dämmung von Neubauten relativ einfach ist. Das Augenmerk richtet sich immer mehr auf die Kühlung unserer Wohnräume im Sommer, bedingt durch die zunehmende Erderhitzung. Klimaanlagen werden oft eingebaut, um die Überwärmung der Wohnräume zu verhindern. Allerdings brauchen sie viel Energie und stellen sowohl bei der Anschaffung als auch bei Wartung und Betrieb einen erheblichen Kostenfaktor dar.

Der laufende Umstieg auf erneuerbare Energie (EE) macht die Pufferung von Wärme zunehmend wichtiger und sogar unverzichtbar. Erneuerbare Energien sind volatil, sie stehen also nicht immer im vollen Umfang zur Verfügung (siehe EE-Live-Ticker).  Eine Wärmepumpe soll sich nur dann einschalten, wenn z. B. ausreichend und günstiger Windstrom oder kostenlose Sonnenenergie vorhanden ist – Stichwort Lastverschiebung. Die restliche Zeit sollten die gut gedämmten Wohnräume möglichst aus einem Wärmespeicher (ideal ist eine aktivierte Betondecke) auf niedrigem Temperaturniveau (26 °C) versorgt werden. Ein Passivhaus (sehr gut gedämmtes Haus) mit einer auf ca. 25 °C aufgewärmten Betondecke kann 8 Tage das Haus mit Wärme versorgen, erst danach ist die Decke auf ca. 22 °C „ausgekühlt“. Hier zeigt sich die Stärke der großen Wärmespeicherfähigkeit gemeinsam mit dem sehr geringen Verbrauch! Im Sommer wird der Betondecke durch „Erd-Kühle“ Wärmeenergie entzogen – sogar ohne Wärmepumpe.

Die thermische Bauteilaktivierung vereint all diese Anforderungen: Sie bietet ein behagliches Raumklima für die Bewohnerinnen und Bewohner, kann sehr effizient mit erneuerbarer Energie arbeiten und ist dennoch einfach und kostengünstig zu realisieren.

Wie funktioniert die thermische Bauteilaktivierung?

Die Besonderheit der thermischen Bauteilaktivierung (TBA) besteht darin, dass die Heizregister während der Bauphase in die Bauteile des Gebäudes einbetoniert werden. Häufig werden dafür vor Ort betonierte Geschoßdecken verwendet, die so zu einer Flächenheizung und gleichzeitig zu einem gewichtigen Speicher werden. Dank der hervorragenden Wärmeleitfähigkeit von Beton wird die gesamte Decke gleichmäßig erwärmt und gibt dann langsam und kontinuierlich Wärme an den Raum ab. Steigt die Raumtemperatur, wird die Wärmeabgabe automatisch verlangsamt – dies wird als Selbstregelungseffekt bezeichnet!

Das Aufheizen der massiven Geschoßdecke und die sehr gute Wärmespeicherfähigkeit von Beton bewirken, dass die thermische Bauteilaktivierung als Wärmespeicher fungiert. Die Geschoßdecke kann viel Wärme aufnehmen und zeitverzögert wieder abgeben. Wie lange man von der angewärmten Betondecke zehren kann, ist abhängig von der Dämmqualität des Hauses und von den Außenbedingungen (tiefer Winter oder beginnender Frühling).

Ein großer Vorteil der Bauteilaktivierung besteht darin, dass der Wärmespeicher genau dann aufgeheizt werden kann, wenn die günstigsten Wärme- oder Stromtarife verfügbar sind. Auch Solarwärme von sonnigen Tagen kann gespeichert und später genutzt werden. Die Lastverschiebung gelingt in der Übergangszeit am besten!

Im Sommer kann die thermische Bauteilaktivierung (TBA) zur Kühlung genutzt werden. Dabei wird das Heizregister mit kühlem Wasser durchflutet, das die Wärme der Wohnräume über die Geschoßdecke abführt. Hierzu ist nur eine kleine Umwälzpumpe mit geringem Stromverbrauch erforderlich. Gekühlt wird das so erwärmte Wasser meist über ein Rohrsystem im Erdreich oder über eine bzw. mehrere Tiefenbohrungen. Alternativ kann eine Luft-Wärmepumpe zur Kühlung verwendet werden, wobei die abgeführte Wärme ungenutzt bleibt.

Im Falle einer aktivierten Decke und ausreichendem Sonnenschutz reicht es, „Heizungswasser“ mit etwa 20 °C durch die Decke zu pumpen, um den ganzen Sommer über eine angenehme Raumtemperatur zu gewährleisten.

Fertigteil-Elementdecke mit eingelegten Heizungsleitungen, einen Tag bevor der Aufbeton gegossen wurde.
Fertigteil-Elementdecke mit eingelegten Heizungsleitungen, einen Tag bevor der Aufbeton gegossen wurde.

In der Abbildung oben sind die 5 cm dicken Betonfertigteile zu sehen, auf denen direkt die Heizungsrohre verlegt werden können. Auf diese Schicht mit eingearbeitetem Baustahlgitter wird anschließend der Fertigbeton gegossen. So werden die einzelnen Element-Platten zu einer großen Betonplatte verbunden.

Je näher die Rohre an der Deckenunterseite verlegt werden (in unserem Beispiel 5 cm), umso schneller erfolgt die Wärmeabgabe an den Wohnraum. Werden die Heizungsrohre mit einem größeren Abstand eingebaut, so wird die Heizung noch träger, d.h. Temperaturänderungen lassen sich nur noch langsamer realisieren.

Oberhalb der Beton-Decke wird eine Dämmschicht angebracht. Diese kann entweder aus einer Dämmschüttung mit Trittschalldämmung samt Estrich und dem geplanten Bodenbelag bestehen oder aus einer dicken Dämmung gegen den Wärmeverlust nach außen (Dachboden oder Flachdach). Die Dämmschüttung, die Trittschalldämmung und der Estrich bilden einen Widerstand und bewirken, dass der Großteil der Energie an den darunterliegenden Raum abgegeben wird.

Bauteilaktivierung im Neubau

Beim Neubau kann die thermische Bauteilaktivierung (TBA) sehr einfach, während der Rohbauphase in Decken oder Wänden integriert werden. Bei guter Planung ist der Einbau von Heiz- bzw. Kühlregistern in die Decke rasch, unkompliziert und damit kostengünstig möglich. Die Rohrleitungen werden vor dem Betonieren der Geschoßdecken verlegt. Da die Heizungsrohrleitungen empfindlich sind und nicht verletzt werden dürfen, ist in dieser Bauphase besondere Vorsicht geboten. Beschädigungen an den Rohrleitungen könnten erhebliche Bauschäden verursachen.

Für die Planung einer TBA als alleiniges Heizungssystem ist eine Bauweise im guten Niedrigenergiehaus-Standard (oder besser) Voraussetzung. Die Heizlast darf in keinem Raum über 25 W/m² betragen. Vergleichsrechnungen haben gezeigt, dass ein U-Wert der Außenwand von ≤0,15 W/m²K und gute 3-Scheiben Verglasung ausreichen, um diese Vorgabe zu erfüllen.

Erfahrene Firmen vergleichen den Montageaufwand einer TBA mit dem einer Fußbodenheizung. Ein planerischer Mehraufwand beim Rohbau ist nötig, weil die Installation der Heizungsrohre bereits in dieser Phase erfolgt. Dem steht jedoch eine Vereinfachung beim weiteren Ausbau gegenüber: keine Heizkörper erforderlich, kein Estrichausheizen, keine störenden Heizkörper beim Ausmalen der Räume!

Bauteilaktivierung in der Sanierung

Auch bei der Gebäudesanierung gibt es Möglichkeiten, eine thermische Bauteilaktivierung (TBA) einzusetzen. Am Markt werden zum Beispiel Kapillarrohrmatten angeboten, die an der Decke, an der Wand oder im Fußboden montiert werden können. Ebenso sind überputzbare Heizregister für Wand und Decke verfügbar. Vor dem Bezug eines Hauses ist das eine gute Option, im bewohnten Zustand scheint so eine Aufwertung des Hauses kaum durchführbar!

Beim Trockenbau werden häufig Gipsbauplatten mit bereits installierten Heizungsrohren eingesetzt. Um die Gebäudemassen optimal aktivieren zu können, ist ein direkter, gut wärmeleitender Kontakt zu den Bauteilen erforderlich, der am besten durch Einputzen erreicht wird.

Wie beim Neubau ist auch bei der Sanierung eine Dämmung auf Niedrigenergie-Standard notwendig, um die TBA optimal nutzen und ausschließlich über die Decke heizen zu können.

Bei der Planung ist eine Berechnung der notwendigen Flächen und Speichermassen wichtig, um eine optimale Wirkung der TBA zu erreichen.

Vorteile und Herausforderungen

Vorteile:

  • Hohe Behaglichkeit in den Räumen.
  • Geringere Luftumwälzung, dadurch weniger Staubbelastung.
  • Geringere Vorlauftemperaturen verringern die Heizungsverluste.
  • Effizienter Einsatz von Solarsystemen und Wärmepumpen durch niedrigere Vorlauftemperaturen.
  • Lange Laufzeiten der Wärmepumpe dank großer Speichermasse. Wird das gefürchtete Takten bei Wärmepumpen vermieden, erhöht das die Lebensdauer der Wärmepumpe und senkt gleichzeitig den Stromverbrauch. Die Speichermasse unterstützt auch die Lastverschiebung.
  • Niedrigere Raumlufttemperaturen sind besser für die Atmung und unsere Gesundheit.
  • Strahlungswärme empfinden Menschen als angenehm.
  • Außen gut gedämmte Wände heben die innere Wand-Oberflächentemperatur an. Für unsere Behaglichkeit ist nicht nur die Lufttemperatur alleine entscheidend, wichtig ist auch eine angenehme Oberflächentemperatur der raumumschließenden Flächen. Die Decke ist die größte freie Einzelfläche im Raum.
  • Auch Kühlung im Sommer ist möglich.
  • Höhere Flexibilität bei der Einrichtung des Raumes – keine störenden Heizkörper oder Wandheizungen.
  • Bei der Fußbodenheizung werden Bereiche, die mit Möbeln bedeckt sind, weniger effektiv beheizt. Die Deckenheizung hingegen verteilt die Energie gleichmäßig über die gesamte Fläche!
  • Zukünftig attraktive Tarifmodelle bei Wärme und Strom aufgrund der Flexibilität bei Heiz- und Kühlzeiten durch Speicherung absehbar.
  • Einfache Temperaturregelung bei der TBA durch Selbstregeleffekt.

Herausforderungen:

  • Höhere Sorgfalt bei der Montage von Einrichtungsgegenständen an Decken oder Wänden mit TBA notwendig (Gefahr von „Anbohren der Rohrleitung“).
  • Bei privaten Bauvorhaben wahrscheinlich höhere Planungskosten.
  • Noch nicht alle Installateur-Betriebe oder Haustechniker haben Erfahrung mit TBA
  • TBA ist ein träges Heiz- bzw. Kühlsystem. Gewünschte Änderungen der Raumtemperaturen benötigen eine gewisse Umsetzungszeit.

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